Was ist mental load?

„Mental Load“ hat sich zu einem Modebegriff entwickelt und wird in der deutschsprachigen Literatur häufig mit einem Bild von gestressten Müttern verbunden. Aber was genau verbirgt sich dahinter?

Der Begriff kann ins Deutsche wörtlich mit mentaler Last bzw. psychischer Belastung übersetzt werden. Gemeint ist damit jene psychische Belastung, die durch alltägliche Aufgaben und Details entsteht, die es zu planen, dokumentieren und organisieren gilt. Dies betrifft vor allem solche psychische wie auch reelle Mehrarbeit, die für ein harmonisches Funktionieren der alltäglichen Abläufe unerlässlich ist, meist aber unsichtbar und unbeachtet bleibt.[1] D.h. der Betroffene erfährt kein Verständnis oder gar Anerkennung für die dafür aufgewendete Zeit und Mühe. Quasi nebenher werden Aufgaben identifiziert, geplant und dann erledigt.[2] Die eigentliche Belastung ist jedoch nicht das Erledigen der Aufgaben selbst, sondern die Verantwortung für den Gesamtprozess, die damit einhergeht. Den Überblick zu behalten und die fristgerechte Erledigung der Aufgaben in angemessener Qualität sicherzustellen, erfordert eine immense geistige Kapazität.

Zwei wesentliche Aspekte beschreiben Mental Load

Care-ArBEIT

  • alltägliches Kümmern
  • unbezahlte Hausarbeit
  • Kümmern z.B. um Kinder oder Verwandte
  • relelle Aufgaben, die es zu planen und zu erledigen gilt

Gefühlsarbeit

  • bewusstes Unterdrücken/ Maniplieren eigener Gefühle
  • Diskrepanz zwischen gefühlten und gezeigten Emotionen
  • nach außen hin stets freundlich, höflich, ausgeglichen
  1. Der erste Aspekt ist die sogenannte Care-Arbeit, auch Reproduktionsarbeit, Sorgetätigkeit oder Fürsorge genannt. Damit gemeint ist das ständige Organisieren und Sich-Kümmern im Alltag. Sie umfasst die unbezahlte Hausarbeit und die Pflege von Kindern oder Verwandten und das Kümmern um diese genauso wie die Beziehungspflege, also den Kontakt zu Verwandten und Freunden sowie die „Elfenarbeit“. Diese wird betrieben, um Mitarbeitern, Kindern, Freunden oder Verwandten an Weihnachten, Ostern oder an Geburtstagen eine Freude zu machen oder sich z.B. bei Erzieher*innen oder Fußballtrainer*innen zu bedanken und deren Arbeit wertzuschätzen. Aber auch diverse Berufe wie beispielsweise solche in der Pflege und Kinderbetreuung fallen unter diesen Begriff.[3]
    Es handelt sich bei der Care-Arbeit um reelle Aufgaben, die es zu planen und zu erledigen gilt [4], wobei sich nicht immer die Verantwortung für den Gesamtprozess und das tatsächliche Erledigen der Aufgaben klar voneinander abgrenzen lassen.

  2. Der zweite – und seltener beleuchtete Aspekt – ist die Gefühlsarbeit (Emotional Labour).[5] Damit ist ein ständiges bewusstes Manipulieren der eigenen Gefühle gemeint; eine willentliche Unterdrückung von Emotionen mit dem Ziel, höflich, freundlich und nach außen hin ausgeglichen zu erscheinen. Gehen die tatsächlich gefühlten Emotionen und diejenigen, die vorgeschrieben sind, auseinander und werden die ungewünschten Emotionen reguliert, so kann das sehr belastend sein, denn dieser kontinuierliche kognitive Prozess fordert enorme geistige Kapazitäten.
    Die bewusste und gewünschte Manipulation der eigenen Gefühle betrifft im beruflichen Bereich vor allem Dienstleistungsberufe (z.B. Flugbegleiter*innen oder Kellner*innen, die angehalten sind, stetig zwanghaft zu lächeln ungeachtet der tatsächlichen eigenen Gemütslage). Die eigenen Gefühle zugunsten anderer zu regulieren ist aber auch Aufgabe von Eltern gegenüber ihren Kindern und spielt in jeder zwischenmenschlichen Beziehung eine Rolle.[6]

IST MENTAL LOAD EIN FRAUEN- oder gar Mutter-THEMA?

Häufig wird der Begriff Mental Load tatsächlich für die Belastung verwendet, die durch Verantwortung im Familien- und Paarleben entsteht und oft durch Frauen bzw. Mütter getragen wird. Ein Mutter-Mythos, der Frauen zuschreibt, sich besser sorgen und kümmern zu können, trägt dazu bei, dass Mütter mental belastet sind. Außerdem macht es die „innere Besorgtheits- und Organisationsplackerei“[7] Frauen schwer, sich ihrem Beruf und ihrer Karriere zu widmen oder sich in Politik und Wirtschaft zu engagieren und ihnen damit eine lautere Stimme zu verleihen.[8]

Mein persönlicher Eindruck ist, dass Frauen häufiger den Begriff Mental Load verwenden. Vielleicht sind viele von uns auch besonders sensibel für das Thema, denn in der Tat ist es so, dass in Deutschland Mütter häufiger und länger in Elternzeit sind als Väter[9] und spätestens ab dieser Zeit die vornehmliche Verantwortung für die Care Arbeit tragen. Endet die Elternzeit, wird diese Rollenverteilung in den meisten Fällen beibehalten.[10] Bei allen Anstrengungen auf dem Weg zur Gleichberechtigung ist die Kluft zuhause, das tatsächliche gelebte Rollenbild, häufig immer noch gewaltig.

Ansprüche an moderne Frauen
Aus der Emanzipation der Frau kommen neue Ansprüche und Erwartungen zum häufig noch traditionell orientierten Rollenbild. Denn natürlich soll und will sie nicht nur Mutter, sondern auch Geliebte und Karrierefrau sein, Freundschaften pflegen genauso wie sich und ihr Äußeres, sportlich sein, gebildet und welterfahren. Diese Ansprüche ersetzen das traditionelle Rollenbild jedoch nicht, sondern kommen noch ergänzend hinzu. Damit steigt die Anzahl der Erwartungen an sie und an die Rollen, die sie innehat.

Ist Mental Load daher ein Mutter-Thema?
Nein! Die Mutterrolle ist fordernd, komplex und erfordert eine Bereitschaft rund um die Uhr. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für ein Erleben von Mental Load, bedingt es aber nicht.

Ist Mental Load ein Frauen-Thema?
Wieder nein! Care-Arbeit und Gefühlsarbeit werden durchaus von allen Geschlechtern geleistet, ob nun gleichverteilt oder nicht.
Mental Load steigt mit Verantwortung für Dritte. Der Überblick, den es zu behalten gilt, beschränkt sich nicht nur auf die eignen ToDos und Termine, sondern multipliziert sich um die der Dritten. Und Verantwortung für Dritte tragen bei Weitem nicht nur Frauen.

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Quellenangaben:

[1] (Robbe, 2021), [2] (Cammarata, Was ist Mental Load?, 2021), [3] (Fröhlich, 2021), [4] (Robbe, 2021), [5] (Hochschild, 1983), [6] (Fröhlich, 2021); [7] (Hartley, 2018); [8] (Fröhlich, 2021); [9] (Bundesamt, 2021), [10] (Bundesministerium für Familien, 2019)

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