Mental Load im Job
„Mental Load“ hat sich zu einem Modebegriff entwickelt und wird in der deutschsprachigen Literatur häufig mit einem Bild von gestressten Müttern verbunden. Der Begriff Mental Load wird dabei im Allgemeinen für die Belastung verwendet, die durch Verantwortung im Familien- und Paarleben entsteht und oft durch Frauen bzw. Mütter getragen wird.
Qua Definition handelt es sich jedoch um Belastung aus alltäglichen Abläufen. Alltägliche Abläufe sind sowohl im privaten wie auch im beruflichen Umfeld von Menschen jeden Geschlechts zu finden und zu überblicken.
Dass Mental Load durchaus nicht nur im rein privaten Umfeld sondern durchaus auch häufig bei vornehmlich beruflichen Fragestellungen eine Rolle spielt, zeigt sich regelmäßig in den Anliegen, mit denen Kund*innen auf mich zukommen.
Verschiedene Rollenerwartungen steigern Mental Load
Mental Load verstärkt sich durch eine Vielzahl von Rollen und der damit einhergehenden Verhaltenserwartung sowie durch Verantwortung für etwas, insbesondere aber für Dritte. Dabei wird der Einfluss von Erwerbsarbeit auf Mental Load selten beleuchtet, ist aber nicht minder relevant. In der Erwerbsarbeit ist eine Verantwortung für Dritte z.B. bei disziplinarischen Führungskräften in der Linienorganisation aber auch bei fachlich Führenden verankert und damit Teil des Alltags. Hinzu kommt, dass die Gefühlsarbeit als ein wesentliches Element von Mental Load auch außerhalb der Führungsebenen – insbesondere in Dienstleistungsberufen ein wesentlicher Erfolgsfaktor und mithin unabdingbar ist.
Der Betroffene erlebt Mental Load ungeachtet dessen, aus welchem seiner Lebensbereiche diese Belastung resultiert. Zentral ist die Summe seines subjektiven Erlebens. Folglich ist eine Differenzierung der Mental Load nach Lebensbereichen aus meiner Sicht nicht hinreichend.
Treiber von mental load im job
Zwei wesentliche Aspekte beschreiben Mental Load: Care-Arbeit und Gefühlsarbeit. Beide finden wir nicht nur im privaten sondern auch in beruflichen Umfeld.
Care-Arbeit im Job
Gewisse Rollen bei der Erwerbsarbeit erhöhen die Wahrscheinlichkeit für ein Erleben von Mental Load. Dies insbesondere dann, wenn eine Person die Verantwortung für Dritte trägt, so wie es disziplinarische Führungskräfte in der Linienorganisation aber auch fachlich Führende wie z.B. Projektleiter tun. Ob und welche Aufgaben und welche Verantwortung delegiert werden können hängt sicherlich mit der Delegationsfähigkeit der Führungskraft, aber auch mit der Kompetenz, Qualität und Verantwortungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter zusammen. Insbesondere auf den Ebenen von der Teamleitung bis zum mittleren Management können Führungskräfte häufig Aufgaben, evtl. sogar ganze Aufgabenpakete an ihre Mitarbeiter delegieren selten jedoch Ende-zu-Ende-Verantwortung. Es ist weiterhin die Führungskraft, die verschiedenen ToDos sowie ihre Fristigkeiten „auf dem Schirm“ haben und am Ende wieder zu einem Großen und Ganzen zusammenführen muss. Ein offenes ToDo steht also nicht nur auf der Liste dessen, der es ausführen, sondern auch auf dessen, der es nachhalten muss.
Hinzu kommt ungesehene Mehr- und Detailarbeit im sozialen Bereich außerhalb der jeweiligen Stellenbeschreibung. Das ist z.B. jegliche Tätigkeit rundum die Meetingorganisation und das Herrichten des Raumes, sodass sich alle Teilnehmer wohl fühlen und die benötigte Technik funktioniert. Darüber hinaus wollen das Geschirr in der Gemeinschaftsküche auf der Etage ein- und ausgeräumt, die Blumen gegossen, der Seifenspender im WC nachgefüllt und die Post geholt werden. Und schließlich gilt es, das Miteinander im Team zu gestalten; sei es durch die Sammelaktion zum Jubiläum des Kollegen oder die Organisation von Team-Events, bei der selbstverständlich an die besonderen Ernährungsrestriktionen einzelner Kollegen und ein darauf angepasstes Catering gedacht werden muss.
Fortschrittlich eingestellte Unternehmen stellen dafür extra Menschen ein. Die Position nennt sich Feel-Good-Manager*in. Sie sind dazu da, die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden aufzufangen und eine konstruktive Zusammenarbeit zu fördern.[1] Ab einer gewissen Managementebene, ist es auch nicht unüblich, dass die Assistenz- oder Sekretariatsfunktion die Rolle des Feel-Good-Managers ausfüllt. Wer nicht das Glück hat, Mitarbeiter zu haben, die diese Rolle erfüllen, der übernimmt sie selber.
Gefühlsarbeit im Job
Auch Gefühlsarbeit wird insbesondere in den Dienstleistungsbereichen häufig geleistet. Dem Kunden gegenüber hat man sich höflich und freundlich gegenüber zu verhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen externen Kunden handelt, der vom Vertriebler hofiert wird, oder um einen internen Kunden, der von seinem zuständigen Controller bestmöglich beraten wird. Insbesondere für Führungskräfte, die eine sog. „Servant Leadership“ praktizieren (im Gegensatz zum Führen nach „command and control“) gehört Dienstleistungsorientierung und die damit verbundene Gefühlsarbeit zu ihrer Führungsphilosophie und somit zu ihrem Alltag.
mental load behindert weibliche karrieren
Eine Studie der Boston Consulting Group bestätigt, dass Mental Load Frauen dabei im Weg steht, sich beruflich zu entfalten und durchzustarten. Sie fordert sogar, dass sich die Wirtschaft – wenn sie ernsthaft mehr Frauen in Führungspositionen bringen will – sich um die Last der häuslichen Verantwortung kümmert, denn Frauen schrecken oft vor anspruchsvolleren Positionen zurück getrieben von der Sorge, dass sie die Doppelbelastung aus Beruf und Außerberuflichem überfordere.[2]
Frühere Untersuchungen zeigen, dass Frauen entgegen dem Klischee nicht dadurch an beruflichem Ehrgeiz verlieren, dass sie Kinder haben.[3] Es ist vielmehr die Doppelbelastung von beruflicher und privater Verantwortung, die Mitarbeiter entmutigt.
Fazit
Mental Load hat mit Rollenerwartungen und alltäglichen Abläufen zu tun und ist damit erst einmal unabhängig von einem beruflichen oder privaten Kontext. Besondere Rollenkonstellationen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, Mental Load zu erleben. Das Bild der gestressten Mutter ist daher unzureichend, wenn wir uns mit Mental Load beschäftigen.
Meine Hypothese ist, dass auch im beruflichen Kontext Mental Load eine beachtenswerte Rolle spielt. Vielleicht nennen wir sie dort anders. Aber da ist sie und es bedarf individueller Strategien für einen Umgang mit dieser Belastung.
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Wenn Sie Interessen daran haben, eine für Sie individuell passende Lösung für die Herausforderung Mental Load zu entwickeln, dann freue ich mich, wenn Sie Kontakt zu mir aufnehmen.
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Quellenangaben:
[1] (Cammarata & Schnerring , Do you care @ work?! – Der Mental Load Test für den Arbeitsplatz, 2021); [2] (Brooks Taplet, Quickenden, Lovich, Krentz, & Garcia-Alonso, 2019), [3] (Abouzahr, Krentz, Tracey, & Tsusaka, 2017)
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